Im Rahmen des im Januar 2021 gestarteten Kleinprojekts Urgetreide Binkel – Chancen für die Rekultivierung einer historischen Getreideart des Voralpen- und Alpenraum befasst sich die Biosphärenregion Berchtesgadener Land gemeinsam mit der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL), der Genbank Tirol und dem UNESCO-Biosphärenreservat Salzburg Lungau mit der "Wiederbelebung" des Binkels. Damit ist es nach dem Laufener Landweizen-Projekt die zweite Forschungsarbeit in der Biosphärenregion Berchtesgadener Land, die sich mit alten Getreidearten und deren Potenzial beschäftigt. In natura ist der Binkel ab der Frühjahrsaussaat im März auch im Biosphären Getreidegarten bei Saaldorf-Surheim zu erleben.
Heute als ganz besondere Rarität bezeichnet, war der Binkel (Triticum aestivum subsp. compactum, oder auch Zwergweizen oder Pfahlbauweizen) einst weit in der Region verbreitet. Dieses „echte“ Urgetreide ist nach Einkorn und Emmer die drittälteste Weizenform und wurde in einigen Salzburger Gebirgstälern und im Chiemgau bis in die 1950er Jahre angebaut. Proben vom Binkel wurden in Genbanken aufbewahrt. Die Genbank Tirol und die Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft haben Binkelakzessionen aus der Sammlung von Erwin Mayr und der Landesanstalt für Pflanzenzucht und Samenprüfung in Rinn bei Innsbruck im Rahmen der Erhaltung autochthoner landwirtschaftlicher Kulturpflanzen aus der Genbank geholt und wieder angebaut.
Da der Binkel auf Grund seiner nur regionalen Bedeutung kaum züchterisch bearbeitet wurde, liegt die Vermutung nahe, dass er in Bezug auf ernährungs- und verträglichkeitsrelevante Inhaltstoffe ähnliche Vorteile aufweisen könnte wie andere „Urgetreide“ und deshalb beim Verbraucher im Zuge des aktuell steigenden Ernährungsbewusstseins auf großes Interesse stößt und zur regionalen Identifizierung im Grenzraum Bayern/Österreich beiträgt. Bisher wurde noch keine Nützlichkeitsstudie des Binkels durchgeführt.
Projektinhalte:
Projektziele:
Hintergrund:
In den vergangenen Jahrzehnten haben in der Landwitschaft moderne Hybridrassen und -arten vieles verändert. Eine Entwicklung, die nicht nur positive Auswirkungen hat. So ist beispielsweise die genetische Vielfalt auf den Feldern, Äckern, Weiden und in der Nutztierhaltung stark zurückgegangen. Doch es findet ein Umdenken und eine Rückbesinnung auf breiter Basis statt. Dafür sprechen nicht nur Forschungsprojekte, sondern beispielsweise auch das zunehmende Interesse an und die steigende Nachfrage nach alten, regionalen Tierrassen und Getreidearten in der Landwirtschaft, im Lebensmittelhandwerk, im Handel und im Endkunden-Bereich.
Mit einer Rekultivierung des „Urgetreides Binkel“ kann für das Gebiet der EUREGIO Salzburg-Berchtesgadener Land-Traunstein zusammen mit dem Gebiet der EUREGIO Inntal eine botanische Attraktion entstehen und ein Beitrag zur alpinen Agrobiodiversität geleistet werden. Ein einzigartiges regionaltypisches Natur- und Kulturerbe mit gesundheitlichem Mehrwert bleibt dauerhaft erhalten und kann somit grenzüberschreitend touristisch genutzt werden. Mit drei bereits etablierten Landsorten Laufener Landweizen, Lungauer Tauernroggen und Fisser Gerste ist die Region bereits jetzt auf dem Weg „Botschafter für Nachhaltigkeit und biologische Vielfalt“ zu werden – die erfolgreiche Wiedereinführung des Binkels als echtes Urgetreide schafft ein absolutes Alleinstellungsmerkmal für den Grenzraum Bayern-Salzburg-Tirol.